17 Kommentare
⭠ Zurück zum Thread

Ich sehe das ähnlich, Sievert widerspricht (ich glaube mehr als einmal) der Behandlung des behinderten Sohnes, daher habe ich es auch so gelesen, dass die Autorin dies kritisiert. Gleichzeitig wird sie aber sicher auch nicht komplett frei von Ableismus gewesen sein, als Frau der damaligen Zeit (sind wir ja heute auch nicht).

Ich muss sagen, ich bin eher schwer in diesen Band hineingekommen, ich fand Sieverts Handlungen und ständige Lügen (und dass er eben nicht lernt) teilweise schwer zu ertragen, gleichzeitig haben mich dann Stellen wie die, wo er Ingeborg widerspricht oder wie er reagiert, als er hört, dass die Babys seiner Tante Alkohol bekommen haben, wieder mit ihm versöhnt. Außerdem habe ich das Gefühl, dass er sich noch mehr um seine Großeltern sorgt als die anderen Familienmitglieder, die diese vor allem als Last wahrnehmen. Er scheint momentan der einzige zu sein, der die gesellschaftlichen Konventionen und Handlungen hinterfragt. Bis zu dem Moment, wo es nach Hamburg geht, und wir die schon oben zitierten Stellen zu lesen bekommen haben - das Kapitel hat mir sehr gut gefallen und ich bin gespannt, wo Lydia und ihre Freundinnen uns noch hinführen werden.

Ich hatte, durch den Vergleich mit dem Segelmacher, die Szene schon als Sex interpretiert (ich glaube, Sievert hat durch seine Reise zur See einiges gelernt und ist da nicht mehr ganz so unschuldig), gleichzeitig habe ich die ganze Zeit darauf gewartet, dass Lydia sich Sorgen macht, schwanger zu sein...oder liegt das wieder am Unwissen der Mädchen ihrer Klasse in der damaligen Zeit? Ich fand es jedenfalls sehr bezeichnend, dass sie sich nur um Gott sorgt, aber nicht um eine mögliche Schwangerschaft. Genauso, wie oben schon stand, die Rolle von Religion, die ja in den vorangegangenen Bänden oft eher angedeutet wurde, kommt hier mit aller Macht zum Tragen...

Expand full comment

Ja, ich bin momentan auch sehr ambivalent Sivert gegenüber, bin immer wieder abwechselns angewidert und beeindruckt von seinem Verhalten. Was natürlich wiederum ein Zeichen von Skrams großem Talent ist, eben keine der Figuren einfach nur gut oder nur schlecht darzustellen, sondern in allen ihren Facetten zu zeigen. Insofern schon irgendwie beeindruckend.

Ich habe auch in dere letzten Szene damit gerechnet, dass Lydia sich als schwanger entpuppt -- ich bin sehr gespannt, wie sich ihre Geshcichte noch entwickelt und ob sie bald zurück nach Bergen kommt.

Und ja, die Religion steht in diesem Band wirklich nochmal viel deutlicher im Vorddergrund, und ich finde es spannend, dass Skram auch hier das Thema von ganz vielen unterschiedlichen Seiten beleuchtet.

Expand full comment

Ich hatte, auch durch den Vergleich mit dem Segelmacher und Lydias Weinen, die Szene zwischen Sievert und Lydia zunächst als Vergewaltigung interpretiert. Mich hat aber die Formulierung irritiert - „und bevor er sich dessen noch wirklich bewusst war, hatte er mit Lydia dasselbe erlebt”. Später denkt Lydia etwas im Sinne von: „Es war alles so schnell gegangen.“ Das fand ich merkwürdig, es klingt so, als sei dieser Sex beiden so passiert ohne dass sie darauf wirklich Einfluss nehmen konnten. Wobei, ganz unbekannt ist diese Vorstellung von Sex im Sinne von „es ist halt passiert, es kam eins zum anderen“ oder vielleicht auch „Männer sind so, Boys will be Boys“ nicht. Ich vermute nun, dass die Szene (nach früheren Maßstäben?) zumindest nicht als Vergewaltigung angelegt ist. Und heute hat man andere Vorstellungen davon, was sexuelle Gewalt ist und dass „es ging so schnell“ und Weinen wirklich keine Hinweise auf Einvernehmlichkeit sind.

Und beim Lesen der Altona-Episode habe ich ständig erwartet, dass Lydia eine Schwangerschaft bemerkt. Du hast total recht, diese Möglichkeit hätte auch zur Sprache kommen können…

Expand full comment

Ich wüsste wirklich zu gerne, wie zeitgenössische Leser*innen von Skram die Szene zwischen Lydia und Sivert interpretiert haben...

Expand full comment