Guten Morgen,
ich musste mich gestern ein bisschen beeilen, da ich nachmittags noch zu einer Lesung des wunderbaren Romans "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" gegangen bin. Hat aber dann doch geklappt, bin nur so durch den Text geglitten.
Ich war direkt wieder drin im Roman, als wäre ich in der letzten Woche nicht auf See gewesen. Über d…
ich musste mich gestern ein bisschen beeilen, da ich nachmittags noch zu einer Lesung des wunderbaren Romans "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" gegangen bin. Hat aber dann doch geklappt, bin nur so durch den Text geglitten.
Ich war direkt wieder drin im Roman, als wäre ich in der letzten Woche nicht auf See gewesen. Über die Szene zwischen Sivert und Lydia habe ich auch lange nachgedacht. Ich weiß nicht, wie es euch ging, aber ich hatte bereits auf Seite 9 ein ungutes Gefühl, als die Figur eingeführt wurde. Es kam mir fast so vor, als wolle die Schriftstellerin mich denken lassen, dass Lydia ihren Anteil an dem Geschehen hat. Zeigt Amalie Skram uns hier ein gängiges Vorurteil?? (Bei Missbrauch trägt die/der Missbrauchte eine Mitschuld???) Mir ist jedenfalls auch nicht klar, was dort passsiert ist. Da Sivert sich mit dem Segelmacher vergleicht, habe ich zuerst auch eine Vergewaltigung gedacht.
Wie auch die letzten Male spielt "Scham" wieder eine große Rolle. Nicht nur, wenn Sivert an seine Großeltern denkt, auch er schämt sich für sein Verhalten Lydia gegenüber, Ingeborg schämt sich für den gehandicapten Sohn.
Amalie Skrams Kniff, uns zu zeigen, wie es den verschiedenen Familienmitgliedern geht, hat mir gut gefallen. Sie lässt Sivert umherstreifen und wir erleben Ingeborg, Magne und die Großeltern. Herzzerreißend fand ich die Szene mit Hans, der von Kindern geschlagen und gedemütigt wird. Wie schön, dass Sivert sich für ihn einsetzt. Schrecklich, wie die Mutter ihr Kind behandelt. Ingeborgs Verhalten ist wahrscheinlich beispielhaft für den damaligen Umgang mit Behinderten. Eine Behinderung wurde als Strafe Gottes angesehen. So schwankt Ingeborg zwischen Abscheu und Mutterliebe.
Magne und seine Frau schaffen es wie Siverts Großeltern nicht, sich aus den Klauen des Alkohls zu befreien. Ich habe befürchtet, dass Sivert sich früher oder später auch in den Alkohl füchtet.
Die Predigt des Erweckungspredigers hat mich überhaupt nicht amüsiert. Hier wird das Bild eines strafenden Gottes gezeigt, der denMenschen eine Hölle auf Erden bereitet, indem sie permanent mit der Angst vor der Verdammnis leben müssen.
Traurig zu erleben, wenn auch erwartet, dass sich für Oline und Sjur Gabriel nichts geändert hat. Und wie tröstlich dagegen, dass Sjur Gabriel in Frieden sterben konnte.
Den Ortswechsel im 9. Kapitel nach Hamburg-Altona habe ich als großen Schnitt empfunden. Was für ein unterschiedliches Umfeld wir plötzlich erleben. Eine Schule für begüterte Mädchen, die sich mitten in der Pubertät befinden! Die Theaterszene hat dann auch mich zum Schmunzeln gebracht.
Die Überlegungen von Rosa, wie unterschiedlich voreheliche sexuelle Erfahrungen von Frauen und Männern bewertet werden, habe ich auch als deutliche Gesellschaftskritik von Amalie Skram gelesen.
Die Lektüre hat mich wieder sehr beeindruckt und ich freue mich auf nächste Woche.
Da das Rheinland am Donnerstag in die tollen Tage startet, werde ich zusehen, dass ich die nächste Etappe vorher lesen kann. Bis dahin!
Du hast natürlich recht, wirklich lustig ist die "Erbauungspredigt" nicht, sondern inhaltlich natürlich total erschreckend. Ich fand es nur einfach so "over the top", dass ich es nur mit Humor lesen konnte, um es auszuhalten.
Guten Morgen,
ich musste mich gestern ein bisschen beeilen, da ich nachmittags noch zu einer Lesung des wunderbaren Romans "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" gegangen bin. Hat aber dann doch geklappt, bin nur so durch den Text geglitten.
Ich war direkt wieder drin im Roman, als wäre ich in der letzten Woche nicht auf See gewesen. Über die Szene zwischen Sivert und Lydia habe ich auch lange nachgedacht. Ich weiß nicht, wie es euch ging, aber ich hatte bereits auf Seite 9 ein ungutes Gefühl, als die Figur eingeführt wurde. Es kam mir fast so vor, als wolle die Schriftstellerin mich denken lassen, dass Lydia ihren Anteil an dem Geschehen hat. Zeigt Amalie Skram uns hier ein gängiges Vorurteil?? (Bei Missbrauch trägt die/der Missbrauchte eine Mitschuld???) Mir ist jedenfalls auch nicht klar, was dort passsiert ist. Da Sivert sich mit dem Segelmacher vergleicht, habe ich zuerst auch eine Vergewaltigung gedacht.
Wie auch die letzten Male spielt "Scham" wieder eine große Rolle. Nicht nur, wenn Sivert an seine Großeltern denkt, auch er schämt sich für sein Verhalten Lydia gegenüber, Ingeborg schämt sich für den gehandicapten Sohn.
Amalie Skrams Kniff, uns zu zeigen, wie es den verschiedenen Familienmitgliedern geht, hat mir gut gefallen. Sie lässt Sivert umherstreifen und wir erleben Ingeborg, Magne und die Großeltern. Herzzerreißend fand ich die Szene mit Hans, der von Kindern geschlagen und gedemütigt wird. Wie schön, dass Sivert sich für ihn einsetzt. Schrecklich, wie die Mutter ihr Kind behandelt. Ingeborgs Verhalten ist wahrscheinlich beispielhaft für den damaligen Umgang mit Behinderten. Eine Behinderung wurde als Strafe Gottes angesehen. So schwankt Ingeborg zwischen Abscheu und Mutterliebe.
Magne und seine Frau schaffen es wie Siverts Großeltern nicht, sich aus den Klauen des Alkohls zu befreien. Ich habe befürchtet, dass Sivert sich früher oder später auch in den Alkohl füchtet.
Die Predigt des Erweckungspredigers hat mich überhaupt nicht amüsiert. Hier wird das Bild eines strafenden Gottes gezeigt, der denMenschen eine Hölle auf Erden bereitet, indem sie permanent mit der Angst vor der Verdammnis leben müssen.
Traurig zu erleben, wenn auch erwartet, dass sich für Oline und Sjur Gabriel nichts geändert hat. Und wie tröstlich dagegen, dass Sjur Gabriel in Frieden sterben konnte.
Den Ortswechsel im 9. Kapitel nach Hamburg-Altona habe ich als großen Schnitt empfunden. Was für ein unterschiedliches Umfeld wir plötzlich erleben. Eine Schule für begüterte Mädchen, die sich mitten in der Pubertät befinden! Die Theaterszene hat dann auch mich zum Schmunzeln gebracht.
Die Überlegungen von Rosa, wie unterschiedlich voreheliche sexuelle Erfahrungen von Frauen und Männern bewertet werden, habe ich auch als deutliche Gesellschaftskritik von Amalie Skram gelesen.
Die Lektüre hat mich wieder sehr beeindruckt und ich freue mich auf nächste Woche.
Da das Rheinland am Donnerstag in die tollen Tage startet, werde ich zusehen, dass ich die nächste Etappe vorher lesen kann. Bis dahin!
Susanne (@lesetier57)
Du hast natürlich recht, wirklich lustig ist die "Erbauungspredigt" nicht, sondern inhaltlich natürlich total erschreckend. Ich fand es nur einfach so "over the top", dass ich es nur mit Humor lesen konnte, um es auszuhalten.
Wahrscheinlich lässt mich meine katholische Sozialisation den Humor an dieser Stelle nicht zu.