23 Kommentare

Danke an alle, die Zitate gepostet haben! Es ist schön zu sehen, dass häufig die gleichen Stellen resonieren und man sie noch einmal ins Gedächtnis gerufen bekommt.

Insgesamt habe ich mich in diesem Leseabschnitt definitiv besser zurechtgefunden als im ersten, da ich das Gefühl hatte, dass die Landkarte, die im ersten Abschnitt fehlte, sich immer weiter füllt. Ich teile das Unbehagen was den Mondtanz angeht und finde die 68er Assoziation sehr treffend.

In diesem Leseabschnitt habe ich versucht etwas mehr auf die Übersetzung zu achten und mir gefällt wie die Übersetzenden mit dem Thema Genus umgehen. Es wirkt, als hätten sie es mit Bedacht getan. Ansonsten ist es schwer zu sagen, da ich die englische Ausgabe nicht zum Vergleich hier habe. Aber dass es sich bisher flüssig und stimmig liest, ist ein gutes Zeichen.

Wie viele andere hier fand ich die Beschreibung der Stadt des Geistes faszinierend. Mir schwirren dazu viele Gedanken im Kopf herum, aber mir fällt es schwer sie in Worte zu fassen. Ich glaube, ich werde es daher erst einmal dabei belassen und mich Carolins Post zu dem Thema anschließen, in dem sie viele Gedanken, die ich auch hatte, auf viel eloquentere Weise beschreibt. Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob die Stadt später im Buch noch eine Rolle spielen wird.

Ebenfalls gut fand ich, dass trans Menschen erwähnt werden und es in der Gesellschaft der Kesh normal zu sein scheint, dass es trans Menschen gibt. Ich nehme an, das ist bei Büchern dieses Genres aus den 80ern nicht der Regelfall. In Anbetracht dessen habe ich mich allerdings gefragt, warum die Gesellschaft der Kesh (zumindest bis hierher im Buch) so heteronormativ ist.

In der aufgewühlten Pandora Passage gibt es eine Stelle, die mich beschäftigt hat: „Dir ist vielleicht aufgefallen, dass der wesentliche Unterschied zwischen uns und dem Tal, der große Unterschied, im Grunde etwas Keines ist. Sie sind nicht zu viele.“ und kurz vorher „wenn wir weiterhin 10 Kinder pro Sekunde in die Welt setzen“ (beide S. 188). Ich habe ein bisschen Angst, dass es auf das Konzept der Überbevölkerung hinausläuft. Da war mir irgendwie unwohl beim Lesen. Ging es anderen auch so? Bin ich da zu vorschnell mit der Interpretation?

Auf jeden Fall bin ich weiterhin gespannt, wie es weitergeht (insbesondere Erzählsteins Geschichte) und freue mich auf den Austausch zur nächsten Leseetappe!

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Ich war ebenfalls überrascht über die Beiläufigkeit, besser noch Selbstverständlichkeit, mit der von „Frauen, die als Männer leben, und Männer, die als Frauen leben“ (S. 309) erzählt wird. Es mag vielleicht am verhältnismäßig geringen Anteil dieses Personenkreises an der Gesamtbevölkerung der Kesh liegen, dass ihre Gesellschaft heteronormativ erscheint, wobei ich grad keine Textstelle erinnere, in der eine Hierarchie zwischen den beiden Geschlechtern oder in dieser Thematik generell erkennbar wäre. Im Gegenteil dazu fiel mir die Erläuterung zu den Besonderheiten des Mondtanzes auf, dass es dabei um die Verkehrung eigentlich gültiger Gesetzmäßigkeiten gehe, um Sex ohne Verantwortung, Ehe, Kinder: „Wenn eine Frau während des Mondtanzes schwanger wird, treibt sie den Fötus üblicherweise ab; wenn sie das Kind austrägt, tut sie es, weil es Absicht war, weil sie ein Kind ohne Vater wollte, ein Mondkind.“ (S. 308) Das lässt auf eine recht tolerante Gesellschaft schließen, wie ich finde.

LeGuin catched mich mit ihrer Schnitzeljagd aus Hinweisen, Andeutungen: wenn sie Pandora über die Straucheichen sinnieren lässt (Chaostheorie), über das Chaos des Lebensraumes der Straucheichen, über das Chaos der Wildnis, darüber, wie herzlich bedeutungslos für die (möglicherweise absichtslose) Schöpfung deren Einordnung und Bewertung durch uns Menschen ist: „Dieser Strauch ist nicht schön und (…) auch nicht scheußlich; sollte ein Philosoph ihn so empfinden, wäre das sein Problem, hätte aber nichts mit der Straucheiche zu tun.“ (S. 307) Und wenn Pandora mit ihrer Schuld hadert - ich dachte bei diesem Kapitel weniger an die Debatte über Überbevölkerung, sondern vielmehr an die Unfähigkeit der Menschen, Pandoras Fluch zurück in ihre Büchse zu zwingen: wir leben im Jahr 2024 und Kriege, Hungersnöte, Umweltzerstörung, Ungerechtigkeit, Habgier und Rücksichtslosigkeit bestimmen noch immer die Verhältnisse auf dieser wunderschönen Welt. Weil wir es so entscheiden. Wir haben den freien Willen, wir haben Zeit („sie ist ein Geschenk der Geburt.“ S. 188), wir haben das Jetzt, und in jedem Jetzt-Moment können wir uns für das Leben, die Hoffnung, das Paradies auf Erden entscheiden: „Zeit zur Vorausschau, gewiss; Zeit zur Rückschau; und Raum, Raum genug zur Umschau.“ „Nimm dir Zeit. Jetzt.“ S. 189

„Der Schatten wird dann auf dem dick und chaotisch mit totem Laub bedeckten Boden oder dem bemoosten Stein liegen, auf dem jetzt mein Hintern hockt, und sich gesetzmäßig und würdevoll mit der Drehung der Erde weiterbewegen. Der Verstand kann sich den Schatten vorstellen, den ein paar fallende Blätter in der Wildnis werfen; der Verstand ist etwas Wunderbares. Aber was ist mit all den Schatten all der anderen Blätter an allen anderen Straucheichen auf allen anderen Höhenzügen der ganzen Wildnis? Wenn du sie dir auch nur einen Moment lang vorstellen könntest, was wäre gewonnen? Unendlich viel.“ S. 307

Wieder viele Zitate, aber ich konnte nicht anders, sorry.

Wahrscheinlich interpretiere ich zu viel hinein, es ist auch schon spät.

Gute Nacht! ;-)

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Ich habe endlich geschafft bis hierhin zu lesen und muss sagen, dass ich diese Pandora-Episode ganz, ganz großartig und sehr erhellend fand. Ich dachte ein paarmal, ich wünschte, dass in dem ganzen Diskurs um Nature Writing genau dieser Text referenziert würde. Ich finde diesen Zugang zur wilden und ungeordneten, per Definition chaotischen Natur total spannend, und die Schlussfolgerung mit dem Schatten, der nicht auf dem Papier verbleibt, sondern weiterzieht, "lawfully and with great majesty", einen absolut schlüssigen Bogen zu den Versuchen, Natur durch poetische und künstlerische Mimesis abzubilden. Bin eh Pandora-Fan, aber das ist bislang eine meiner liebsten Passagen im ganzen Buch, und es gibt darin so viele fantastische Erzählungen.

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Danke für die Blumen. Ich hänge an dem Überbevölkerungs-/Verhütungsthema ebenfalls fest, habe mir vorgenommen mal zu recherchieren (außer jemand von euch weiß es ;-) wie es mit Familienplanung in indigenen Kulturen aussieht. Vermutlich ist auch hier die industrialisierte westliche Welt nicht die Speerspitze der Zivilisation, wo Frauen zum Ende des 19. Jahrhunderts regelhaft Kinder „am laufenden Band“ bekamen, die kaum ernährt werden konnten, zu Auswanderungswellen führten und damit wiederum indigene Kulturen verdrängten. Beschäftigt mich.

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Habe einen Artikel dazu gefunden, falls es noch jemanden interessiert: https://traditionelle-ernaehrung.de/bevolkerungskontrolle-traditionell/

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Guten Morgen!

Oberflächlich gelesen könnte man diesen Roman als Fleißarbeit einer fantasiebegabten, beinah "spinnerten" Autorin einordnen, wäre das Werk nicht durchzogen von Querverweisen auf Religion, Philosophie, Mythologie, Weltanschauungen unserer Kultur - wohl der Kultur der Menschen "zur Zeit außerhalb" oder "als sie außerhalb der Welt lebten", S.196:

gleich zu Beginn in der "Anmerkung vorweg" wird das chinesische Daodejing mit seiner humanistischen Botschaft und dem angestrebten Ziel des Weltfriedens erwähnt.

Immer wieder taucht das "Jetzt" in den Überlegungen auf, quasi die Grenze zwischen Vergangenem und Zukünftigem, die beides gleichzeitig trennt und zusammenhält.

Später stößt man auf Erzählsteins recht anschauliche Beschreibung der Intoleranz und Ausgrenzung mit entsprechenden, ausgefeilten Kriegstechniken zur Betonung und zum Erhalt der eigenen Überlegenheit, die die Überheblichkeit einer monotheistischen Gesellschaft (Kondorleute) mit sich bringt.

Dann wiederum der Pantheismus der Kesh, deren Zusammenleben auf "unhinterfragtem tribalem Allgemeinwissen" basiert und von intuitiven, sinnenfrohen Ritualen geprägt, ja bestimmt ist: Wein- und Tabakkonsum, Tänze und Gesänge bis zur Ekstase, Glücksspiel, aber auch blutige Opferrituale, über deren Zeremonie nichts preisgegeben werden dürfe, weil sie heilig und ein Mysterium sei, (S.237). Ich finde darum auch die Erzählung der Mondtänze stimmig, da von Einvernehmlichkeit und Absprache, von Regeln und klar definierten Grenzen und Abläufen die Rede ist, gewisse Altersgruppen und Personenkreise, für die das Ritual nicht gedacht ist, fernbleiben sollen und wollen. "Es ist leicht zu sagen, dass solche Bräuche barbarisch seien, aber was heißt das schon?" S.249

Was mich ebenfalls beeindruckt ist die Vorstellung der Zeit als Raum, als Haus: "Er verräumlicht die Zeit; sie ist kein Pfeil, kein Fluss, sondern ein Haus, das Haus, das er bewohnt(...)", S. 220. Dass die Kesh diese Dimension für sich erschlossen haben werden, hilft Textpassagen zu deuten wie jene auf S. 173: "Doch dann sah eine Frau, die auf einer Wiese namens Chumo Schafe hütete, viele der alten Leute tanzen, die in Berred gelebt hatten und gestorben waren. Sie kamen frühmorgens vor Sonnenaufgang dorthin, um zu tanzen".

Dazu passt auch die Überzeugung, dass erst alles einen Abschluss braucht, damit es einen Neuanfang geben kann: S.205: "Wie kann es nur ein einziges Mal angefangen haben? Das geht gegen den Sinn. Die Dinge müssen geendet und wieder angefangen haben, damit es weitergehen kann, so wie die Leute leben und sterben, alle Leute, auch die Sterne." S.172: "Einigen gefiel das nicht, weil (...) sie die Rückkehr zum Alten als schlechten Neuanfang empfanden." Interessanterweise formuliert auch Erzählstein eine persönliche Erfahrung mit den vergleichbaren Worten: "Da ich keine vollständige Person war, konnte ich auch keine andere werden." S. 248

Sowie die Sterbeanleitung auf den Seiten 114-115: Westwärts zum Sonnenaufgang

Ich mag die Gedichte, sie erinnern mich an die von mir sehr geschätzten japanischen Tanka und Haiku, die in kurzen, in der Regel reimfreien Versen Naturwahrnehmungen zum Thema haben, die wiederum die emotionale Verfassung des Poeten widerspiegeln.

Pandora Hoffnungsträgerin könnte die Dea ex Machina in diesem Epos sein. Mal schauen.

Ich beschäftige mich gerne weiter mit LeGuins Welt und lasse mich überraschen.

Liebe Grüße, habt einen guten Start in die Fastenzeit - Claudia

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Falsche Taste erwischt:

„In der Rüstung sind sie fix, für die Bildung tun sie nix.“

Mein Fazit: Ich lese das Buch mit einer gewissen Faszination, aber ein Lesefluss ist noch nicht entstanden. Gespannt bin ich total auf die weitere Entwicklung von Nordeule und Vieles an „theoretischem“ Hintergrund erinnert mich an Szenen aus dem Alten Testament.

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Vielen Dank , liebe Magda, für Deine Gedanken zur Leseetappe. Ich bin überrascht, dass sie fast deckungsgleich mit meinen sind. Mich beschäftig(t)en insbesondere zwei Gedanken in dieser Etappe: die Rolle der Frauen. Dieses Mondtanz- Ritual hat mir beim Lesen den Atem verschlagen. Es klingt alles nach einer befreiten Sexualität, was sie jedoch v.a. für die Männer ist. Nicht nur die 68er, auch die MeToo - Debatte passt dazu, wenn ich die Argumente der Männer höre über das vermeintliche Einverständnis der Frauen.

Die frauenfeindliche Welt der Kondorleute wird beeindruckend dargestellt, wobei ich denke, es gibt diese in der realen Welt immer noch. Das Erstarken der Rechten und Autoritären hängt m.E. auch mit dem Ringen vieler Männer um die Vormachtstellung zusammen, denn in der Regel ist deren Plan, die Rechte der Frauen massiv zu beschneiden. Darüber können auch die in dieser Bewegung aktiven Frauen nicht hinwegtäuschen . Nicht nur Frauenfeindlichkeiten fallen mir in dem Zusammenhang auf, sondern auch Rassismus. Das wird deutlich in der beschriebenen Ausgrenzung fremder Menschen. Ich frage mich ebenfalls, wie lange es Nordeule, die ihren Vater ja freiwillig in sein Land begleitet wird. Als ausgezeichnete Beobachterin ihrer Umgebung hat sie au dem Weg dahin schon die Reise durch unterdrückten Länder und der Angst der Bewohner*innen beschrieben. Damit komme ich zu meinem zweiten Gedanken. Diese junge Frau ist eine Suchende, der es an Wurzeln fehlt, was mir an der folgenden Stelle auf S. 227 bewusst wurde „Doch ich ging in Unwissenheit, und es war die Güte des Löwen, die Barmherzigkeit des Bussards, die mich auf dem Weg hielt. In meinem Zuhause lag vieles im Argen, und meine Leute sorgten nicht dafür, dass ich eine ordentliche Ausbildung erhielt.“ Mich stimmte diese Stelle traurig. Im weiteren Text analysiert Nordeule die Schwiergkeiten ihrer Großmutter und Mutter mit sich und dem Leben, wodurch ihnen die Kraft fehlte, sich um Nordeule entsprechend zu kümmern und auch ihre eigene Verweigerungshaltung. Kein Wunder, dass sie enthusiastisch mit ihrem Vater zieht. Schon wieder finde ich diese Situation aus dem Buch in unserer Gesellschaft wieder. Die Erkenntnis, dass Kinder und Jugendliche Zeit und eine reich ausgestattete Umgebung benötigen wird leider nicht umgesetzt. In meinen jungen Jahren hieß es „ in de4 Rüstung

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Ja, Nordeules Geschichte ist wirklich auch ziemlich tragisch, es fehlt ihr eindeutig am nötigen Halt und unterstützung aus ihrem Umfeld, und auch die Keshgesellschaft ist womöglich, wenn man ganz genau hinschaut, gar nicht sooo frei und utopisch, wie es vielleicht auf den ersten Blick wirken mag. Da ist es kein Wunder, dass Nordeule sich trotz aller Alarmglocken, die bei uns Leserinnen im Bericht über die Kondorgesellschaft sofort losschrillen, erstmal zu dieser für sie ganz neuen Welt und Gesellschaftsordnung hingezogen fühlt, das scheint mir ein sehr wichtiger Schritt auf ihrer Identitätssuche zu sein. Bleibt zu hoffen, dass sie es schafft, beide ihre Herkunftsteile irgendwie auf gesunde Art miteinander in Einklang zu bringen.

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Kann mich den positiven Eindrücken nur anschließen. Ich war auch beim zweiten Abschnitt wieder mit Neugier und Faszination dabei und bin gespannt, wie sich die Welt immer weiter aufblättert. Tatsächlich erscheint mir die Welt manchmal wie eine Verbindung aus historischem Roman und einer Utopie. Eine komplett neue Leseerfahrung! Neben Nordeules Bericht fand ich die Kriegsbeschreibung gegen die Schweineleute, das Kapitel „Stadt und Zeit“ mit der Unterscheidung von der Stadt des Geistes und der Stadt des Menschen, die Passage zu Menschenleuten auf S. 220-221, das Theater bzw. dass die Bühne so aufgeteilt ist, wie die Welt, mit Spirale und Scharnier, sehr interessant. Freue mich also schon auf den nächsten Abschnitt.

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Ja, das ist eine total faszinierende Mischung, dass sich vieles irgendwie so liest, als wären es historisch-archäologische Beobachtungen, aber es spielt eben alles in der fernen Zukunft.

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Vllt war ich auch zu ungeduldig & hätte einfach bis zur 2. Etappe warten sollen, bevor ich leise Kritik übe, wo denn die Infos über alte Zivilisation bleiben 😅

Die Stadt sieht in meinem Kopf ein wenig wie bei The Last of Us 2 aus.

Bei den verseuchten Gebieten musste ich neben radioaktive Stoffe, auch an ausufernde (industrielle) Landwirtschaft gepaart mit Klimawandel denken: der Boden & das Grundwasser wurden stark verseucht & der ausbleibende Regen schafft folglich keine Abhilfe. Das würd für mich auch ins Bild passen, dass die »Rückwärtsköpfigen«, sich selber ins Unglück reiten. (Egal ob Atommüll/-krieg oder Klimawandel, beides scheint im Moment plausibel zu sein, in das wir uns hineinreiten werden… Spaß 😑)

Mich hat die Erzählsteingeschichte wieder sehr gepackt. Und an diese beiden Stellen denk ich immer noch:

»Ich habe oft an diese Zeit gedacht, als wir auf der Terrasse am Dutthügel saßen, und zu erstehen versucht, warum wir so redeten und uns so verhielten, wie wir es taten. Wir waren beide krank, und unsere Krankheiten sprachen zueinander. Wir schienen frei zu entscheiden, aber wir waren Getriebene. Ich klammerte mich an ihn, doch ich war die Stärkere von uns beiden.« (S.240/1)

»Wie ich sie schildere, klingt diese Weltanschauung närrisch. Das liegt an mir, meiner Stimme; ich bin die Närrin, denn ich kann nichts für die Verkehrungen. Der Dayao-Weg war ohne Clowns oder Clownerie, ohne Verkehrung oder Wendung, gerade, einfach, schrecklich.« (S.260)

Die Geschichte »Die Probleme mit den Bauwollleuten« gefiel mir auch gut.

Ich fand es witzig, dass es Menschen gibt, die sich durch die Datenbanken wühlen & eigentlich sollte man meinen, dass sie durch den Zugang zu so vielen Daten, die klügsten Menschen im Dorf sind, but nope, nicht wirklich.

Es fühlt sich wie ein Treppenwitz der Gesichte an, dass die »Rückwärtsgewanten« es geschafft haben das Datensystem (die Computer) so autark zu gestallten, dass es sie überlebt & wahrscheinlich auch mit der Hoffnung, dass es »in der Zukunft irgendwem nach einer Katastrophe helfen wird klarzukommen.« 🙃

Die Mondtanznächte waren auch eher cringe als wirklich gelebte sexuelle Freiheit.

Pandora kann ich ebenfalls schlecht einordnen, sehen diesen Passagen aber immer gerne entgegen. Vllt sollte ich mal 1-2 hintereinander lesen, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen 🤔

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Die Probleme mit den Baumwollleuten war so ein schönes Reiseabenteuer! Allein als die Dampflok da unverhofft auftauchte... Großes Kino

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„Sie küssten mit offenem Mund“ da war das mit der Enthaltsamkeit schwierig.... hahaha - die Sexszenen sind jetzt aber auch nicht meine liebsten Stellen

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Ich zucke jedesmal innerlich zusammen, wenn im Text wieder das Wort "ficken" vorkommt haha.

Allerdings habe ich sehr gelacht bei dem einen Tabetupah-Sketch, wo die Frau beim Pinkeln den Mann mit dem großen Penis sieht und einen anzüglichen Witz macht. Das macht die Kesh, trotz Cringe-Faktor, irgendwie sympathisch und glaubhaft als Kultur, dass sie eben auch versaute Sketche und Lieder mögen, wie wir heutigen Menschen ja auch oft.

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Ich bin leider so stark hinterher mit der Lektüre, dass ich nur hoffen kann, Euch irgendwann wieder einzuholen und nachträglich alles hier zu lesen und kommentieren. Es ist so ein großartiges Buch, das mich auch viel über das (und auch mein eigenes) Schreiben und Erzählen nachdenken lässt. Aber ich komme nur langsam voran, vielleicht genau deswegen. Freue mich auf die kommenden Kapitel und Geschichten!

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Die Beschreibung der Stadt des Geistes hat mich umgehauen. Le Guin schreibt das 1985! Und nimmt eine autonome agierende Maschinenwelt vorweg, die sich komplett vom biologischen Leben abgespalten hat, also den Punkt der Singularität überwunden hat. Trotzdem scheint mir diese Wesensform - so technisch und seelenlos sie auch beschrieben wird - einen fast liebevollen Umgang mit den Menschen zu pflegen. Sie stellen die Börsen zur Verfügung. Sie digitalisieren kulturelles Erbe (auch wenn die Menschen im Tal das nicht sehr wertzuschätzen scheinen). Sie liefern jede angefragte Information ohne Einschränkung (man könnte auch sagen, ohne Verantwortung zu übernehmen - ethische Fragen spielen für den Austausch keine Rolle). Ich musste an das Gedicht von Richard Brautigan denken:

Wir alle behütet von Maschinen voll liebender Gnade

Ich stell mir gern vor -

- und je schneller desto besser -

so ne kybernetische Wiese

wo Säugetiere und Computer

zusammen leben in sich

gegenseitig programmierender Harmonie

wie reines Wasser

den klaren Himmel berührend.

Ich stell mir gern vor

- genau jetzt, bitte! -

einen kybernetischen Wald

voller Pinien und Elektronik

wo Rehe friedlich an

Computern vorbeibummeln

als wären das Blumen

mit spinnenden Blüten.

Ich stell mir gern vor

es muss so sein -

eine kybernetische Ökologie

wo wir frei von unseren Mühen

wieder vereint sind in der Natur

zurück bei den Animals

unseren Brüdern und Schwestern

Wir alle behütet von Maschinen

voll liebender Gnade

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Das ging mir auch so, 1985 - vor 40 Jahren - geschrieben. Mit den Maschinen kann ich mir aber kein Zusammenleben vorstellen, bevorzuge die echte Wiese . 🤗

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Wow, irgendwie habe ich beim Lesen der Beschreibung der Stadt des Geistes komplett vergessen, dass der Text ja aus den 80ern stammt und Le Guin damals also noch weitaus spekulativer (und weitsichtiger) unterwegs war als jemand, der so einen Text in der heutigen Zeit mit all ihren rasanten Entwicklungen in Sachen AI etc. schreiben würde. Danke auch für das Gedicht, das ich noch nicht kannte!

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Ich war sehr glücklich, dass wir hier einiges über die alte Zivilisation erfahren haben - in der ich das Schlechteste unserer Welt wiedererkenne. Irgendwie ist das noch eine umgekehrte Form der Archäologie, im Text unsere Welt wiederzufinden - hinter der Katastrophe, die unsere Welten wie ein Scharnier trennt.

Die Figur der Pandora beschäftigt mich - einerseits halte ich sie einfach für das Alter Ego der Autorin, die Erzählerin. Andererseits frage ich mich, wieso so eine symbolhafte Figur gewählt wurde, explizit mit ihrem griechischen Sagen-Hintergrund als Unheilbringerin. Sie fragt sich hier selbst (S. 188) ob sie die Auslöserin der Katastrophe war, die die Zivilisation gebracht hat. Vielleicht weil die antiken Griechen als Wiege unserer westlichen Zivilisation gelten - die sich in der Folge, wie hier ja auch steht, mit Kriegen, Kolonialismus und Verbrechen am Rest der Menschheit schuldig gemacht hat? Pandora scheint mir hier jedenfalls sehr aus ihrer Rolle als „nüchterne“ Beobachterin zu fallen (vgl. S. 128). Die Verortung ihrer Textstellen in Raum und Zeit ist schwierig, oder?

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Ja, ich schwanke auch die ganze Zeit in meiner Interpretation der Pandora-Passagen!

Sehr treffend, was du über die uns von der Zukuftswelt trennenden Katastrophe als "Scharnier" schreibst, die ganze Scharnier-Symbolik des "heyiya", die uns in den Texten ständig und auf die utnerschiedlichsten Arten begegnet, finde ich eh total faszinierend.

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Die Rolle der Pandora habe ich bisher kaum in den Blick genommen. Werde ich nachholen.

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Ich hänge nach einer Woche in Berlin bei den Kindern und wegen des Karnevals im Rheinland leider zurück. Hoffentlich kann ich in den kommenden Tagen die Lektüre nachholen. Klingt jedenfalls nach wie vor spannend. Karnevalistische Grüße aus Bonn! Susanne

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